Wirtschaftsfaktor Design

Andreas Eisenkeil, Geschäftsführer des Lichtstudio Eisenkeil, im Gespräch über Design, Tradition und Tourismus als Wirtschaftsfaktoren und Inspirationsquellen.
Südtirol hat über die Jahre internationale Bekanntheit in Sachen Design und Architektur erlangt und zieht Besucher aus aller Welt an. Wer profitiert hier deiner Meinung nach am meisten von wem, die Region von den Touristen oder die Touristen von dem, was die Region für sie geschaffen hat?

“Ich sehe im Begriff Tourismus immer eine Wechselseitigkeit. Die kulturellen Einflüsse von außen haben Bedarfe erkennen, viele Ideen entstehen und Geschäftsbeziehungen wachsen lassen. Gleichzeitig haben die Weltoffenheit, Gastfreundschaft, aber auch viel Fleiß und Talent der Menschen in der Region dazu geführt, dass Südtirol zu dem werden konnte, was es heute ist.”


Euer Unternehmen wurde in den 1950er Jahren gegründet. Nun hast du diese Zeit zwar noch nicht selbst miterlebt, kannst du uns dennoch einmal mitnehmen in die Zeit der Gründungsjahre? Welche Umstände und welche Stimmung von damals wurden dir überliefert?

“Unsere unternehmerischen Anfänge gehen auf die späten 1950er Jahre zurück, eine Zeit, in der sich die Region Südtirol im Umbruch befand. Durch den wirtschaftlichen Aufschwung, den der Tourismus in den späten 1950er Jahren nach Südtirol brachte, begann der Bau von vielen Pensionen und Hotels. Es herrschte also durchaus eine optimistische Stimmung, die dadurch untermauert wurde, dass viele Reisende nach Südtirol kamen; durch den nahegelegenen Pferderennplatz waren es sowohl der italienische Adel als auch viele Unternehmer, die sich den Reitsport leisten konnten, die die Gegend besuchten.”




“Und genau dieser Mix – die Lust, der Ehrgeiz und die Weltoffenheit meines Vaters als Unternehmens-
gründer im Zusammenspiel mit den kulturellen und kreativen Kontakten und natürlich auch dem Bedarf des Marktes in dieser Zeit – hat zur Entstehung der Firma Artur Eisenkeil geführt. Durch das Kennenlernen mit Dino Gavina, und dem damit einhergehenden kulturellen Austausch innerhalb der damaligen Design-Szene, entstanden für meinen Vater Kontakte zu namhaften Persönlichkeiten des Designs. Neben seinem eigenen Lichtstudio mitbegründete er gemeinsam mit Gavina, Carlo Scarpa und den Brüdern Castiglioni das Unternehmen FLOS, das heute noch einer der bedeutendsten Player am Markt für Leuchten ist, und für das wir noch heute produzieren.”
Schon damals hat die Firma also mit einigen der bekanntesten Designern zusammengearbeitet. Wie hat sich im Laufe der Jahre eure Verbindung zur bzw. in die Designwelt entwickelt?
"Design muss man leben und Design muss man lieben, es findet seine eigenen Wege, es findet seine eigenen Kunden.
In der Zeit der Unternehmensgründung gab es schon einige kulturelle Netzwerke, die man heute wahrscheinlich als “Szene” bezeichnen würde, in denen mein Vater aktiv war. So sind wir bis zum heutigen Tag Produktionspartner diverser Designstudios, neben FLOS auch bspw. für Pholc, Muuto und Tacchini Furniture. Letztendlich hat sich diese tiefe Bindung zu Design für uns auch über die Jahrzehnte nicht geändert.”
Welche Rolle spielt deiner Meinung nach Design heutzutage in unserer Gesellschaft?
“Design ist letztendlich immer ein Ausdruck des jeweiligen Zeitgeists, und spiegelt die Gedanken, Bedürfnisse und den Lebensstil einer Zeit wider. Design erklärt, wo wir als Gesellschaft heutzutage stehen. Wir haben das große Glück, immer wieder mit Studenten und Absolventen der Designfakultät der Uni Bozen zusammenzuarbeiten, mit ihnen an ihren Projekten zu arbeiten und ihre Leuchten-Designs umzusetzen. So können wir zum einen junge Design-Talente unterstützen, und zum anderen auch ihren Blick auf die heutige Welt verstehen.”


Apropos Blick auf die heutige Welt: Welche Rolle spielt Nachhaltigkeit tatsächlich im Design?
“Sie spielt eine essenzielle Rolle. Wenn man eine Leuchte oder ein Möbelstück kauft, deren Materialität und Funktionalität einerseits so langlebig sind, und deren Design andererseits so zeitlos ist, dass sie nicht ausgetauscht werden müssen; deren Anschaffung zwar nicht günstig ist, deren Funktion und Ästhetik aber so im Detail studiert und zu Ende gedacht sind, dass ich mich auch nach 50 Jahren noch daran erfreue;


Euer Unternehmen basiert auf einer jahrzehntelangen Tradition. Wie gelingt es euch, diese in einer sich ständig verändernden Welt lebendig zu halten?
“Tradition ist in Südtirol in vielen Lebensbereichen fest verankert, ob in der Landwirtschaft, der Restauration oder der Hotellerie. Wir haben das Glück, in der Region Jahrzehnte des Wohlstandes hinter uns zu haben, die uns ermöglichen, Traditionen zu pflegen, ihnen einen Stellenwert zu geben, und sie weiterzuvermitteln. Tradition heißt aber auch, an einem Thema dranzubleiben, sich darin weiterzuentwickeln, unabhängig davon, ob ein Jahr besser oder schlechter läuft; der eigenen Vision treu zu bleiben, um so auch die nächste Generation dafür zu begeistern.
